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15. März 2023 (Webinar): "Gender Empathy Gap"

Am 15. März 2023 referierte Herr Dr. B. Köhler im Rahmen der Webinar-Reihe der Liberalen Männer über das Thema "Gender Empathy Gap". In seinem Vortrag zeigte er auf, dass es ein Ungleichgewicht bei der Berichterstattung und politischen und gesellschaftlichen Behandlung von Jungen und Männern im Vergleich zu Mädchen und Frauen gibt. Während Benachteiligungen von Mädchen und Frauen sehr stark beachtet werden und politisches Handeln hervorrufen, werden Benachteiligungen von Jungen und Männern kaum bis gar nicht thematisiert.

Im Rahmen des Vortrags erklärte Herr Dr. Bruno Köhler von der gemeinnützigen geschlechterpolitischen Initiative MANNdat e.V. zunächst was er unter dem Begriff "Gender Empathy Gap" versteht. Laut dem Referenten erfordert Geschlechtergerechtigkeit die Beseitigung von Benachteiligungen und Diskriminierungen aller Betroffenen, das heißt von Frauen und Männern. Dies ist nur möglich, wenn bei Benachteiligungen allen Menschen die gleiche Empathie, unabhängig vom Geschlecht, entgegengebracht wird.

Anschließend ging der Referent der Frage nach, ob es Benachteiligungen von Jungen und Männern gibt. Dabei wies er darauf hin, dass sowohl das Grundgesetz (GG) [Art. 6 (4)] als auch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEM) [Art. 25 (2)] Frauen (Mütter) eine besondere Fürsorge und damit eine implizite Bevorzugung einräumt und laut GG [Art. 12a (1)] Männern besondere Pflichten und damit eine implizite Benachteiligung auferlegt obwohl diese laut Artikel 3 (GG) und Artikel 2 (1) (AEM) ausgeschlossen wird.

Diese strukturelle Benachteiligung von Männern spiegelt sich auch im gesellschaftlichen Leben und politischen Handeln wider. So werden in Dokumenten der Vereinten Nationen um ein Vielfaches häufiger Frauen und Mädchen als schutzwürdig aufgeführt als Männer und Jungen, wie schon Studien von Prof. Charli Carpenter um die Jahrtausendwende zeigten. Besonders prekär wird dieses Missverhältnis bei Betrachtung der allgemeinen Opferzahlen. Laut Gewaltbericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist der Anteil männlicher Todesopfer von Gewaltverbrechen mehr als dreimal so hoch wie der Anteil weiblicher Gewaltopfer. In Deutschland sind laut Hellfeld auf Basis der Polizeilichen Kriminalstatistik 2018 Männer zu etwa 60% Opfer von Gewalttaten (Frauen zu etwa 40%). Außerdem sind Männer weltweit (WHO) etwa zweimal, in Deutschland dreimal und in der EU sogar viermal (Eurostat) so häufig Opfer von Suiziden. Nicht nur Frauen, sondern auch Männer sind Opfer von Partnerschaftsgewalt. Auch wird häufig die Täterschaft von Frauen ausgeblendet. Obwohl Männer laut Dunkelfeldstudien etwa gleichermaßen Opfer von Gewalttaten werden, richten sich praktisch alle politischen Gewaltschutzpläne an Frauen. Im Jahr 2020 betrug selbst bei der Hellfeld-Partnergewaltstatistik der Anteil Männer zu Frauen an den Gewaltopfern etwa 1:4, die Gewaltschutzplätze hatten aber ein Verhältnis von 1:400.

Der Referent führte weitere Belege auf: Männer erleben fast so häufig sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz als Frauen. Die Arbeitslosenquote bei Männern ist um über 20% höher als die von Frauen. Väter sind oft Opfer von Menschenrechtsvergehen. Bei gleichen schulischen Leistungen erhalten Jungen schlechtere Noten als Mädchen, wie deutsche, aber auch weltweite Studien seit den 1990er Jahren bis heute zeigen. Jungen erreichen seltener die Allgemeine Hochschulreife als Mädchen und beenden andererseits viel häufiger als Mädchen die Schullaufbahn ohne Schulabschluss. Trotzdem richten sich geschlechterpolitische Bildungsprojekte fast ausschließlich an Mädchen. Bitten an das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, bei Jungen Leseförderprogramme aufzulegen wurden abgelehnt. Die Antidiskriminierungsstelle sieht sich nicht für die Diskriminierung von Jungen zuständig. Auch Frau Ursula von der Leyen (CDU, 2006, damals im Justizministerium) "finde[t] es nicht schlimm, dass Mädchen an den Jungen vorbeiziehen." Frau Christel Humme (SPD, 2010) meinte in der Geschlechterpolitik eine „Rolle rückwärts“ erkennen zu können, wenn auch die Bedürfnisse von Jungen und Männern berücksichtigt würden. Auch Bundesbildungsministerin Karliczek (CDU, 2021) sah es nicht für nötig an, auch speziell Jungen zu fördern.

Der Referent verwies auf diverse Quellen zu Gender Gaps, die auch Benachteiligungen von Jungen, Vätern und Männern aufzeigen. Unter anderem verwies er auf das Buch von Klaus Podirsky „Der Eisberg des Gender Gap“, in dem insgesamt 53 "Gender Gaps" aufgeführt werden, die vorrangig Jungen oder Männer benachteiligen. Selbst beim sogenannten "Gender Pay Gap", aber auch beim "Gender Pension Gap" oder beim "Gender Care Gap" ist die Situation zwischen den Geschlechtern differenzierter als dies in Medien und Politik dargestellt wird. So gibt es Studien, die zeigen, dass gerade in Ostdeutschland oder in Großbritannien Männer mittlerweile geringere Durchschnittslöhne haben als Frauen. Zudem zeigen Studien, dass die Rentenrendite bei Männern sowohl im höheren als auch im niedrigen Lohnniveau geringer ist als auch bei Frauen. Und schon im Armutsbericht aus 2011 zeigte sich, dass Männer häufiger bürgerschaftlich engagiert sind als Frauen. Während die Beschneidung von Mädchen in der westlichen Welt verurteilt und verboten ist, ist diese Form der Körperverletzung bei Jungen erlaubt. Männer sterben um ein Vielfaches häufiger durch Arbeitsunfälle oder bei militärischen Einsätzen als Frauen. Trotzdem betont die offizielle Berichterstattung fast nur weibliche Opfer. Obgleich in Medienberichten berechtigt kritisch darauf hingewiesen wurde, dass Mütter seltener zu Bewerbungsgesprächen eingeladen werden als kinderlose Frauen, wurde dabei ignoriert, dass Männer, egal ob mit oder ohne Kinder, noch seltener eingeladen werden als Mütter.

Schließlich stellte der Referent das Modell des sogenannten Gamma-Bias von Martin Seager und John Barry vor. Dieses Modell besagt, dass es zum einen eine Übertreibung und zum anderen eine Minimalisierung von Geschlechterunterschieden gibt. Das Gamma-Bias drückt aus, dass beides, Übertreibung und Minimalisierung, gleichzeitig stattfindet und dieses Bias (verzerrte Wahrnehmung) nachteilig für Jungen, Väter und Männer ist. Zum Ende seines Vortrags stellte der Referent den "Gender Empathy Gap"-Tag vor, den MANNdat zusammen mit Gunnar Kunz vom Blog „Alternativlos Aquarium“ für den 11. Juli festgelegt haben.

Im Laufe der Diskussion mit den etwa 40 Teilnehmern wurden auch noch weitere Beispiele eines "Gender Empathy Gap" genannt und diskutiert. Außerdem wurde von den Teilnehmern lobend bedacht, dass der Referent fast alle Aussagen mit nachschlagbaren Quellen belegte. Es wurde um eine Zurverfügungstellung der Vortragsfolien gebeten. (Deutschland: AB & SM)



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